FALKE – Frühe autismusspezifische logopädische Kommunikationsförderung in Erprobung

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Das Forschungs- und Entwicklungsprojekt FALKE folgte einer doppelten Zielsetzung. In einem ersten Schritt strebte es an, evidenzbasierte Ansätze therapeutischer Förderung im frühen Kindesalter bei Autismus hinsichtlich ihrer Praxisrelevanz für die Frühlogopädie (bis 5 Jahre) zu überprüfen. In einem zweiten Schritt stand die Entwicklung autismusspezifischer Instrumente für die Förderdiagnostik und Therapieplanung im Kontext der Logopädie im Vordergrund. Als praxisorientiertes Resultat ist in diesem Rahmen die Orientierungshilfe zur Kommunikationsförderung bei Kindern im Autismus-Spektrum (ORKA) entstanden, die über die entsprechende Internetseite frei zur Verfügung steht.

Projektleitung

Wolfgang G. Braun Titel Prof.

Funktion

Senior Lecturer / Leiter Förderzentrum

Andreas Eckert Titel Prof. Dr.

Funktion

Professor für Kommunikation und Partizipation bei Autismus

Fakten

  • Dauer
    02.2022
    09.2024
  • Projektnummer
    4_52

Finanzielle Unterstützung

  • Amt für Jugend und Berufsberatung, Kanton Zürich

Ausgangslage

Die Förderung kommunikativer Kompetenzen von jungen, minimal verbal kommunizierenden Kindern mit Autismus stellt ein aktuell hoch relevantes therapeutisches Handlungsfeld dar. Im deutschsprachigen Raum angewandte autismusspezifische Ansätze der frühen Kommunikationsförderung haben ihren Ursprung primär in der Sprachtherapie und fokussieren die Schwerpunkte des Aufbaus intentionaler Kommunikation, der Anbahnung von Sprache sowie des Einsatzes unterstützender Kommunikationshilfen. Evidenzbasierte Programme zur frühen Sprachtherapie bei Autismus liegen zugleich im deutschsprachigen Raum bislang nicht vor.

Vor diesem Hintergrund fokussierte das Forschungs- und Entwicklungsprojekt FALKE (Frühe autismusspezifische logopädische Kommunikationsförderung in Erprobung) die Planung, Durchführung und Evaluation von spezifischen Angeboten der Kommunikationsförderung für junge, minimal verbal kommunizierende Kinder mit Autismus.

  1. Welche Besonderheiten lassen sich für die sprachtherapeutische Frühförderung bei minimal verbal kommunizierenden Kindern mit Autismus aus der Perspektive der therapeutischen Fachpersonen beschreiben?
  2. Welche sichtbaren Passungen zum Professionsprofil werden aus der sprachtherapeutischen Perspektive benannt?
  3. Welche Transfermöglichkeiten auf den Kontext der Förderdiagnostik und Therapieplanung in der sprachtherapeutischen Frühförderung mit minimal verbal kommunizierenden Kindern mit Autismus bietet das evidenzbasierte Therapieprogramm A-FFIP?
  4. Welche sprachtherapeutisch spezifischen Ergänzungen und Anpassungen erscheinen für den Kontext der Förderdiagnostik und Therapieplanung in der sprachtherapeutischen Frühförderung mit minimal verbal kommunizierenden Kindern mit Autismus sinnvoll?

Vorgehen

In der ersten Projektphase fand eine Analyse aktueller Fachliteratur, einerseits zu evidenzbasierten Therapieansätzen für junge Kinder mit Autismus, andererseits zu autismusspezifischen logopädischen Therapieansätzen, zu denen bislang keine expliziten Wirksamkeitsnachweise vorliegen, statt. Aufgrund der strukturellen Nähe zur Durchführung der Frühlogopädie wurden zentrale Elemente des evidenzbasierten Therapieprogramms A-FFIP (Autismusspezifische Therapie im Vorschulalter) folgend auf den Kontext der Logopädie übertragen, in ihrer Anwendbarkeit erprobt und evaluiert sowie um logopädische Aspekte ergänzt.

Die Erprobung erfolgte im Kontext der Therapie-Lehr-Praxis der Interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik (HfH) in Zürich, in der insgesamt acht Kinder mit Autismus im Alter von 3-4 Jahren über einen Zeitraum von sechs bis zehn Monaten durch spezifisch geschulte, studentische Therapietandems begleitet wurden. Anhand von qualitativen Fokusgruppeninterviews wurden die in der Therapieplanung und -durchführung gewonnenen Erfahrungen der Therapietandems und ihrer Supervisorinnen ausgewertet. Die gewonnenen Erkenntnisse dienen der fortlaufenden Entwicklung ergänzender Instrumente einer autismusspezifischen Förderdiagnostik und Therapieplanung in der Frühlogopädie.

Die erste Projektphase bestand aus der Analyse aktueller Literatur zur Frühlogopädie für Kinder im Autismus-Spektrum. Im zweiten Schritt folgten die Dokumentation und Evaluation der Therapieplanung und der Therapiedurchführung. Der dritte und letzte Schritt widmete sich den Projektzielen. Diese waren die Benennung der Anforderungen, die Adaptation des Therapieansatzes sowie die Entwicklung von Tools.

Ergebnisse

Aus den Fokusgruppeninterviews lassen sich zahlreiche autismusspezifische Charakteristika und Herausforderungen in der Frühlogopädie ablesen, die der differenzierten Planung einer frühen Kommunikationsförderung bei Autismus einen besonderen Stellenwert zusprechen. Neben der vertieften Auseinandersetzung mit möglichen Besonderheiten in der Wahrnehmung und den Denkprozessen von Kindern mit Autismus kommt dabei der Betrachtung der Heterogenität des kommunikativen Verhaltens eine besondere Bedeutung zu. Vorläuferfertigkeiten der verbalen und nonverbalen Kommunikation treten vielfach in den Vordergrund und sollten in der Therapieplanung in der Frühlogopädie bei Autismus eine besondere Aufmerksamkeit erhalten sowie mit klassisch logopädischen Förderelemente zusammengeführt werden. 
Diese Erkenntnisse bildeten die Grundlage für die Entwicklung der praxisorientierten Orientierungshilfe zur Kommunikationsförderung bei Kindern im Autismus-Spektrum (ORKA).

Fazit für die Praxis

Auf Grundlage der aus der Fachliteratur gewonnenen Erkenntnisse und der Ergebnisse der Therapiestudie mit jungen Kindern mit Autismus lassen sich Spezifika der frühen autismusspezifischen logopädischen Kommunikationsförderung benennen und die Entwicklung spezifischer Instrumente einer autismusspezifischen Förderdiagnostik und Therapieplanung für die Frühlogopädie konkretisieren. Die entwickelten Tools können für Logopäd:innen eine praxisnahe Orientierung für die logopädische Arbeit mit jungen Kindern mit Autismus bieten und zugleich die Grundlage für zukünftige Wirksamkeitsstudien bilden. Die gewonnenen Erkenntnisse sowie die Entwicklung spezifischer Instrumente können in diesem Sinne einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung der Frühlogopädie bei Autismus leisten.

Literatur

  • Braun, W., Eckert, A., Lötscher, P. & Surdmann, C. (2025). Die Orientierungshilfe zur Kommunikationsförderung bei Kindern im Autismus-Spektrum (ORKA). In Logos (im Druck).
  • Eckert, A., Braun, W. G., Lötscher, P., & Massie, B. (2024). Frühe Kommunikationsförderung bei Autismus. Praxis Sprache, (4), 214–221.
  • Eckert, A., & Braun, W. G. (2022). Logopädie für junge Kinder im Autismus-Spektrum. heilpädagogik aktuell, (36), 6.