Rechenschwäche

Kategorie Institutsthema

Schwierigkeiten im Bereich Mathematik gehören zu den häufigsten Lernproblemen in der Schule. Was sind die Ursachen und wie kann man die betroffenen Kinder und Jugendlichen gezielt fördern?

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Marianne Walt Titel lic. phil.

Funktion

Senior Lecturer

Anuschka Meier-Wyder Titel Dr. phil.

Funktion

Senior Lecturer

Begriffverständnis. Die Bezeichnungen für Lernschwierigkeiten im Bereich Mathematik variieren je nach Fachgebiet. Sie widerspiegeln Unterschiede im Verständnis und basieren auf den jeweiligen theoretischen Grundlagen, Forschungsinteressen und angewandten Methoden. In medizinisch-psychologischen und sonderpädagogischen Bereichen sind Begriffe wie «Rechenschwäche», «Rechenstörung» oder «Dyskalkulie» gebräuchlich. Im Gegensatz dazu spricht man im mathematik-didaktischen Umfeld eher von «besonderen Schwierigkeiten beim Mathematiklernen».

Fehlende Kompetenzen. Besondere Schwierigkeiten beim Mathematiklernen treten oft bei drei Hauptinhalten der Grundschulmathematik auf: (1) Verständnis natürlicher Zahlen, (2) des dezimalen Stellenwertsystems und (3) der Rechenoperationen. Untersuchungen zeigen, dass bei Schüler:innen mit Rechenschwäche spezifische Kompetenzen fehlen oder diese nur teilweise erworben sind:

  • Zählen in Schritten grösser als 1
  • Aspekte des dezimalen Stellenwertsystems wie Bündelungs- und Stellenwertprinzip
  • Verständnis der Beziehung zwischen Teil und Ganzem
  • Verstehen der Grundoperationen
  • Lösen von Sachaufgaben

Bei natürlichen Zahlen besteht oft ein rein ordinales Verständnis ohne Erfassung von Zahlbeziehungen. Dies erschwert die Ablösung vom zählendem Rechnen. Im dezimalen Stellenwertsystem werden mehrstellige Zahlen oft nur als Ziffernfolgen gesehen, ohne deren dekadische Struktur zu verstehen. Bei Rechenoperationen überwiegen zählende Methoden und das mechanische Anwenden von Regeln, ohne tieferes Verständnis für die Operationen. Diese Schwierigkeiten beeinträchtigen das Mathematiklernen dauerhaft und erschweren den Erwerb weiterführender mathematischer Kompetenzen. Schülerinnen und Schüler mit Rechenschwäche haben oft – trotz hoher kognitiver Fähigkeiten – einen Leistungsrückstand von mehreren Jahren im Vergleich zu ihren Mitschüler:innen. Dies führt zur Frage, wie solche Defizite in der Notengebung und bei schulischen Übergängen berücksichtigt werden können.

Lernzielanpassungen und individuelle Beurteilung. Wenn Schüler:innen im Bereich mathematisches Lernen einen so grossen Leistungsrückstand haben, dass es eindeutig nicht möglich ist, die Lernziele der Klasse zu erreichen, kann eine Anpassung der Lernziele vorgenommen werden. Dadurch kann der Druck vermindert werden und die Lernmotivation bleibt erhalten. Eine Lernzielanpassung allein verbessert jedoch nicht den Leistungsstand. Es ist eine gezielte Förderung durch qualifizierte pädagogische Fachpersonen notwendig, um das mathematische Verständnis des Basisstoffs aufzubauen.

Nachteilsausgleich. Ein Nachteilsausgleich kommt dann zur Anwendung, wenn Schüler:innen in ihrer Leistungsfähigkeit zwar eingeschränkt sind, aber trotzdem das Potenzial haben, die Lernziele gemäss Lehrplan zu erreichen. Zusätzliche Prüfungszeit oder der Einsatz technischer Hilfsmittel unterstützt Lernende, eine Beeinträchtigung auszugleichen, beispielsweise bei Einschränkung des Sehvermögen oder motorischen Schwierigkeiten.

Weiterbildungs- und Beratungsangebote. Das Institut für Lernen unter erschwerten Bedingungen bietet eine vielfältige Auswahl an Weiterbildungen im Bereich der mathematischen Förderung und entwickelt Unterrichtsmaterialien und Informationen für die Praxis. Ziel ist es, Schulteams zu unterstützen und die Handlungskompetenz von Schulleitungen, Lehrpersonen, Schulischen Heilpädagog:innen sowie Lern- und Ergotherapeut:innen zu erweitern. Die Angebote vertiefen das Know-how zur Erfassung von spezifischen Situationen und allfälligen Problemlagen der Schüler:innen im Bereich des mathematischen Lernens. Auch die anschliessende Planung und Umsetzung von Lernangeboten sowie deren Evaluation steht im Fokus. Finden Sie passende Angebote im Weiterbildungsplaner. Zum Weiterbildungsplaner

Weiterführende Literatur

  • Gaidoschik, M., Moser Opitz, E., Nührenbörger, M., und Rathgeb-Schnierer, E. (2021). Besondere Schwierigkeiten beim Mathematiklernen: Bd. Sonderausgabe. Gesellschaft der Didaktik der Mathematik (GDM). Zum Artikel
  • Stiftung Schweizer Zentrum für Heil- und Sonderpädagogik, S., Moser Opitz, E., Kuratli Geeler, S., Meier-Wyder, A., Reusser, L. und Walt, M. (2024). Rechenschwäche (Dyskalkulie). Infoblatt 1. SZH-CSPS. Zum Artikel
  • Mathematik klick. Ergänzungslehrmittel für die Sekundarstufe Formative Lernstandserfassung der notwendigen Basiskompetenzen in Mathematik zu Beginn des 3. Zyklus. Zum Lehrmittel