Augmented Reality für mehr Qualität im inklusiven Sportunterricht: Phase 0 (ARQUIS.0)

Kategorie Projekt

Ausgangslage und Ziele

Augmented Reality (AR) etabliert sich zunehmend als Bildungstechnologie. Für den inklusiven Sportunterricht bietet sie vielseitige und adaptive Möglichkeiten. AR-gestützte Unterrichtskonzepte können helfen, die didaktischen Möglichkeiten bei einer heterogenen Gruppenzusammensetzung zu erweitern. Insbesondere im Hinblick auf notwendige Adaptionen für Schüler:innen mit Behinderungen bietet AR viel Potential. ARQUIS.0 untersucht die Einsatz- und Gelingensbedingungen von potenziellen AR-Anwendungen im inklusiven Sportunterricht.

Projektleitung

Ingo Bosse Titel Prof. Dr.

Funktion

Co-Leiter a.i. Institut für Lernen unter erschwerten Bedingungen / Professor für ICT for Inclusion

Fakten

  • Dauer
    05.2025
    09.2025
  • Projektnummer
    1_37

Projektteam

Ausgangslage

Ein inklusives Bildungsangebot erfordert die Bedarfe aller Lernenden zu kennen und im Unterricht zu berücksichtigen. Ein Fach, in dem Qualitätsansprüche an inklusiven Unterricht weiterhin vor besonderen Herausforderungen stehen, ist das Fach Sport. Für junge Menschen sind Bewegung und Sport von grosser Bedeutung. Der Sportunterricht trägt wesentlich zur Förderung der motorischen Basiskompetenzen und Handlungsfähigkeit sowie der emotionalen (Persönlichkeits-)Entwicklung (u.a. Selbstkonzept und Teamfähigkeit) bei. Forschungsarbeiten zur Inklusion im Sportunterricht sind seit der Verabschiedung der UN-BRK und dem damit verbundenen gemeinsamen Unterricht für Heranwachsende mit und ohne Behinderungen deutlich angestiegen (Meier & Ruin, 2018). Diese zeigen: Die Qualität der Inklusion in den Sportunterricht von Lernenden mit dem Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung (kmE) muss besonders beachtet und erforscht werden (Willke & Schriber, 2021). Die Unterstützung der kmE, die Förderung der körperlichen Aktivität und des Sporttreibens sind zentrale Aspekte der Förderung und des Unterrichts für diese Schüler:innen (Lelgemann & Jennessen, 2016). Der Ausschluss vom Sportunterricht widerspricht dem Recht auf angemessene Bildung (Schoo & Anneken, 2022). Gleichzeitig können digital unterstützte Unterrichtskonzepte die Bildungschancen für Schüler:innen mit dem Förderschwerpunkt kmE deutlich erweitern, indem sie die didaktischen Möglichkeiten der Lehrkräfte erheblich ausweiten. Für alle Schüler:innen kann die Nutzung digitaler Technologien, die Motivation für Sport, Spiel und Bewegung steigern. Durch ihren immersiven Charakter und die Möglichkeit der Interaktion bieten beispielsweise virtuelle Realitäten vielfältige Anwendungsmöglichkeiten für den inklusiven Sport – insbesondere aus Sicht der Schüler:innen (Rohse & Schäfer, 2024). Die Forschung zum Einsatz von AR-Technologien in der inklusiven Bildung befindet sich noch in einem frühen Stadium. Gemäss Baragash et al. (2020) sollte die künftige Forschung den Einsatz von AR auf innovativere Weise weiter untersuchen, um die besten Muster für den Einsatz von spezifisch immersiver AR in Bildungskontexten zu ermitteln. AR-gestützte Unterrichtskonzepte könnten Lehrkräften helfen, die didaktischen Möglichkeiten zu erweitern, insbesondere im Hinblick auf notwendige Adaptionen für Schüler:innen mit Behinderungen. Die Perspektive der Schüler:innen wie auch der pädagogischen Fachkräfte auf die Qualität der Teilhabe sowie der sportlichen Aktivität wird bisher in der Forschung kaum berücksichtigt. Das Projekt ARQUIS.0 erhebt den aktuellen Stand des inklusiven Sportunterrichts und die Einsatzmöglichkeiten von sogenannten Augmented Reality Learning Applications (ARLA).

Methodisches Vorgehen

Das Erkenntnisinteresse des ARQUIS.0-Projekts liegt in der Erhebung des aktuellen Ist-Standes von inklusivem Sportunterricht. Bestehende Handlungsbedarfe aus Sicht aller Beteiligten (Lehrpersonen und Schüler:innen) sowie die Bedingungen, die ARLAs erfüllen müssen, um im inklusiven Sportunterricht eingesetzt zu werden, gehören ebenfalls zum Forschungsinteresse. Zur Datenerhebung werden AR-Selbsterfahrungsworkshops für Lehrpersonen sowie Schüler:innen angeboten. Die AR-Selbsterfahrungsworkshops werden auf der Grundlage erprobter Vorarbeiten entwickelt und durchgeführt (Wahl et al., 2025). Im Rahmen dieser Workshops werden die Lehrpersonen mit qualitativen Expert:innen-Interviews zum inklusiven Sportunterricht befragt. Direkt nach der AR-Selbsterfahrung mit verschiedenen Sport-Apps werden Fokusgruppen mit Lehrpersonen hinsichtlich des potenziellen Einsatzes von ARLAs im Sportunterricht durchgeführt. Mit den Schüler:innen werden Gruppeninterviews durchgeführt, die ihre Erfahrungen im inklusiven Sportunterricht sowie die AR-Erfahrung thematisieren. Die erhobenen Daten werden mit qualitativer Inhaltsanalyse nach Kuckartz & Rädiker (2022) ausgewertet.

Erwartete Ergebnisse

Die Erkenntnisse des Projekts sollen genutzt werden, um einen praxisnahen ARLA-Prototyp für den inklusiven Sportunterricht in der Schweiz zu entwickeln. Damit leistet das Projekt einen Beitrag zur Erweiterung didaktischer Handlungsspielräume und zur Stärkung der Teilhabe von Schüler:innen mit körperlich-motorischem Förderbedarf.

Literatur

  • Baragash, R. S., Al-Samarraie, H., Alzahrani, A. I., & Alfarraj, O. (2020). Augmented reality in special education: A meta-analysis of single-subject design studies. European Journal of Special Needs Education, 35(3), 382–397. https://doi.org/10.1080/08856257.2019.1703548
  • Kuckartz, U., & Rädiker, S. (2022). Qualitative Inhaltsanalyse: Methoden, Praxis, Computerunterstützung: Grundlagentexte Methoden (5. Auflage). Beltz Juventa.
  • Lelgemann, R., & Jennessen, S. (2016). Körper – Behinderung – Pädagogik – Eine Einführung. In S. Jennessen, & R. Lelgemann (Hrsg.). Körper – Behinderung – Pädagogik (S. 18–23). Kohlhammer. https://doi.org/10.17433/978-3-17-024083-4
  • Meier, S., & Ruin, S. (2018). Inklusion als Herausforderung. Aufgabe und Chance für den Schulsport (Schulsportforschung, Band 6, 2. Auflage). Logos.
  • Rohse, D., & Schäfer, C. (2024). Fachbeitrag: «VR in der Schule ist für mich eine Revolution!». Potenziale und Grenzen von Virtual Reality im Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung aus der Perspektive von Schüler/innen. Vierteljahresschrift für Heilpädagogik und ihre Nachbargebiete, 93(4), 271–287. https://doi.org/10.2378/vhn2024.art28d
  • Schoo, M., & Anneken, V. (2022). Sport im Gemeinsamen Lernen aus dem Blickwinkel des sonderpädagogischen Schwerpunkts Körperliche und motorische Entwicklung. Zeitschrift für Heilpädagogik, 73(3), 115–127.
  • Wahl, V.F., Rohse, D., Bosse, I.K., & Schäfer, C. (2025). Designing Inclusion and Inclusive Education with Virtual Reality—Perspectives from German-Speaking Countries. In M. Antona, & C. Stephanidis (Hrsg.) Universal Access in Human-Computer Interaction. HCII 2025. Lecture Notes in Computer Science, vol 15781. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-031-93851-1_9
  • Willke, M., & Schriber, S. (2021). Die Schülerschaft an Sonderschulen für Lernende mit Körper- und Mehrfachbehinderungen (Förderbedarf körperlich-motorische Entwicklung, kmE) in der Deutschschweiz – Projektbericht. Institut für Behinderung und Partizipation (IBP), Interkantonale Hochschule für Heilpädagogik. https://www.hfh.ch/media/1874/download?attachment